EU: einheitliche Ladekabel ab 2024

In der EU sollen bald einheitliche Ladekabel für Smartphones und viele andere elektronische Geräte zum Einsatz kommen – und das, wenn es nach dem Willen der Gesetzgebenden geht, schon ab dem Jahr 2024. Dabei soll auf den USB-C-Standard gesetzt werden, der bereits heute in einem großen Teil moderner Geräte verbaut ist. Das klingt zunächst einmal lobenswert, bringt aber gerade perspektivisch Fragen mit sich. Hier gibt es die Fakten im Überblick.

EU will einheitliche Ladekabel – was heißt das?

Die EU und der Wunsch nach einheitlichen Ladekabeln – diese Saga zieht sich bereits seit vielen Jahren durch die diversen Instanzen des europäischen Verwaltungsapparats. Vor allem geht es dabei um Parität auf dem großen Smartphonemarkt, doch auch andere Geräte könnten und werden vermutlich betroffen sein. So könnten auch Anschlüsse für Tablets, Laptops, Kopfhörer, Lautsprecher oder mobile Spielekonsolen von der neuen Richtlinie beeinflusst werden.

Dennoch ist es nicht so, dass die EU-Richtlinie absolute Parität mit sich bringen wird, denn innerhalb der USB-C-Familie gibt es große Unterschiede zwischen Lade- und Übertragungsgeschwindigkeiten. Vor allem für Tablets und Computer besteht beispielsweise die Möglichkeit, einen USB-4- beziehungsweise Thunderbolt-Anschluss zu integrieren, denn der verfügt über das gleiche Steckgesicht wie USB-C. Zudem soll die Richtlinie nur einheitliche Handy-Ladekabel beziehungsweise Kabel für andere Geräte umfassen. Das lässt viel Spielraum bezüglich der Konfiguration von Netzteilen, weshalb es wohl auch weiterhin große Unterschiede bei Ladegeschwindigkeiten geben wird.

Einheitliche Handy-Ladekabel: braucht es diese Lösung überhaupt noch?

Das Ziel, in der EU einheitliche Handy-Ladekabel einzuführen, hat eine rege Debatte darüber ausgelöst, ob eine Richtlinie in diesem Bereich überhaupt noch notwendig ist. Bereits seit 2009 gab es erste Bemühungen der Europäischen Kommission zu diesem Thema – nur ist die Landschaft der technischen Standards heute eine fundamental andere. So ist USB-C für das Aufladen zahlreicher Smartphones, Tablets und sonstiger Geräte bereits der dominierende Standard – lediglich bei sehr günstigen Geräten wird heute beispielsweise noch ein Micro-USB-Anschluss neu verbaut. Apple geht zudem seit vielen Jahren mit dem 30-Pin-Konnektor und später mit Lightning einen Sonderweg – doch auch beim Hersteller mit dem angebissenen Apfel im Logo ist USB-C auf dem Vormarsch. So wird der Anschluss mittlerweile in Laptops und dem großen Teil des Tablet-Angebots verwendet. Nur beim Basis-iPad, beim iPhone und für die diversen kabellosen Kopfhörer kommt 2022 noch Lightning zum Einsatz.

Offizielles Ziel der EU ist es, mit einheitlichen Ladekabeln Elektroschrott zu minimieren und Verbraucher:innen mehr Komfort zu verschaffen, wenn alle technische Geräte über das gleiche Kabel geladen werden können. Wer mehr als ein Gerät gleichzeitig kabelgebunden aufladen möchte, wird dafür natürlich weiterhin mehr als ein Kabel benötigen. Auch wegen diesen Unwägbarkeiten soll den Herstellern zunächst freigestellt werden, ob sie ein Gerät mit Kabel verkaufen wollen oder ob dieses ausschließlich zum Zubehörteil werden soll.

Einheitliche Handy-Ladekabel könnten Fortschritt behindern

Weitere kritische Stimmen meinen, dass einheitliche Handy-Ladekabel die Arbeit an neuen, leistungsfähigeren Anschlüssen behindern könnten. Zu diesem Szenario lässt sich zunächst noch keine Prognose abgeben – es ist aber zu erwarten, dass der USB-C-Anschluss noch eine Weile weiterentwickelt werden wird. Immerhin wurden erst kürzlich mit USB 4 und Thunderbolt 4 neue Generationen von Protokollen vorgestellt, die auf diesem Anschluss basieren.

Auch kabelloses Laden ist ein Thema, wenn es um zukünftige Anschlüsse im Smartphone-Bereich geht, denn hier entwickelt sich die Technologie gerade sehr schnell weiter. Gut möglich also, dass der neue Einheitsanschluss USB-C in der Zukunft zumindest bei Smartphones obsolet werden könnte – vor allem, wenn sich die kabellosen Ladegeschwindigkeiten erhöhen. Übrigens: Beim kabellosen Laden möchte die EU in Zukunft ebenfalls einen einheitlichen Standard einführen – dieser Vorschlag ist aber noch ein paar Jahre von der Gesetzesreife entfernt.

EU für einheitliche Ladekabel: ein vorläufiges Fazit

Es gibt Argumente für und gegen eine EU-Regelung zu einheitlichen Ladekabeln. In der Theorie verspricht der Einheitsanschluss mehr Komfort und weniger Verwirrung, andererseits ist das Feld (aktuell) bereits weitestgehend für USB-C bestellt. Zudem stellt sich die Frage, ob USB-C mit der Weiterentwicklung kabellosen Ladens im Smartphone-Markt nicht selbst mittelfristig deutlich an Bedeutung verlieren könnte.

Einen größeren Effekt dürfte die neue Regelung auf andere technische Geräte, wie Kopfhörer oder Lautsprecher, haben. Hier ist der Markt noch weniger stark von USB-C durchdrungen. Zudem wird es wahrscheinlich Ausnahmen für besonders kleine Geräte geben, bei denen USB-C unpraktisch wäre, darunter Smartwatches oder kleine Fitnesstracker. Genaues steht dazu aber noch nicht fest.

Wahrscheinlich bis Herbst 2024 haben die Hersteller nun Zeit, die Vorgaben für ihre neu erscheinenden Geräte umzusetzen. Dann endet voraussichtlich die zweijährige Übergangszeit – zunächst für Smartphones, später dann auch für andere Geräte. Die Situation soll zudem überwacht und alle paar Jahre neu bewertet werden.

Tags: Verkabelung
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